Tagebucheintrag Isabell

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1[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

sind seit letzter Woche unsere Cousins und Cousinen zu Besuch. Und sie sind so - aermlich. Héloise ist schlecht gekleidet, solche Kleider trug man im vorletzten Jahr! Ich mag sie gar nicht ansehen. Aber Vater sagt, ich muss mit ihr spielen. Solange Jerome dabei ist, geht es, dessen Lumpen machen mir nichts aus. Jerome ist lustig. Geoffre will die ganze Zeit mit Kristin alleine spielen. Aber Kristin mag ihn nicht. Sie hat mir erzaehlt, dass Geoffre ihr gesagt hat, wenn wir alle tot sind, wird sein Vater Marqis. Aber das kann ja nicht sein. Onkel Auguste ist viel zu arm um Marquis zu werden. Und Vater ist viel zu stark, um einfach zu sterben. Die naechste Marquesa wird Kristin, das weiss ich ja. Auf jeden Fall mag ich Geoffre jetzt auch nicht. Der kann uns noch nicht einmal auseinander halten.

Mit Jerome bin ich in die Baeume des Obstgartens geklettert. Jerome weiss immer, ob er mit mir oder mit Kristin spricht. Das war lustig, aber dann gingen unten Vater und Tante Albertine vorueber. Ich habe Jerome den Mund zugehalten, damit wir hoeren konnten, was sie redeten. Nicht schon wieder, sagte Vater. Ein letztes Mal leihe ich dir Geld, Schwester, aber danach nicht mehr. Das fand ich sehr nett von Vater, dass er dem armen Teil der Familie Geld gibt, damit die sich auch einmal etwas Huebsches zum anziehen schneidern lassen koennen. Aber Jerome mochte nicht mehr laenger mit mir durch die Baeume klettern. Er hat den ganzen Tag nur noch mit Heloise und dem bloeden Geoffre gespielt.

Ich wollte ihm eins von meinen Armbaendern schenken, eines von denen Mutter gesagt hat, ich duerfte es auf keinen Fall verlieren und ich sei eigentlich noch zu jung, um so etwas Wertvolles zu tragen. Das haette er dann doch verkaufen koennen und dann waere er nicht mehr ganz so arm gewesen und haette nicht mehr traurig sein muessen und wieder mit mir spielen koennen. Aber als ich es aus der Schatulle nehmen wollte, war es nicht mehr da. Kristin hat beim Schwan geschworen, dass sie es nicht genommen hat. Und da kann es doch nur Jerome gewesen sein, dem ich das Armband vorher gezeigt hatte! Ich bin zu Vater gerannt, aber der wollte nichts davon wissen. Auch als ich ihm gesagt habe, dass ich nur Jerome und nur ihm das Versteck gezeigt habe, hat er mich nur ermahnt, in Zukunft achtsamer zu sein.

2[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es ist stickig in den Mauern unseres Schlosses. Vater will mich nicht ausreiten lassen. Das Buch mit den Geschichten ueber Ian von der langen Hand habe ich schon hundertmal gelesen. Heimlich natuerlich, niemals wuerde die Zofe mir erlauben, derart wilde Geschichten zu lesen. Ich will hier raus! Ich will auch Abenteuer erleben, den Wind in meinem Haar spueren, unter Sternen lagern, mich an der Beute erfreuen, Pfeffersaecke aergern, einen gutgebauten Knecht in mein Zelt lassen ... Aber ich muss ja hier versauern. Kristin wird eines Tages Marquesa, deshalb darf sie alles. Und ich muss naehen und sticken und brav sein und huebsch aussehen und ich will ja huebsch aussehen, aber ich will auch auf Baeume klettern. Neulich habe ich schon wieder Aerger bekommen, weil ich mit dem Gesinde gespielt habe. Es war schwer genug, die Rotzblagen zu ueberzeugen, mich teilhaben zu lassen an ihren ordinaeren Vergnuegungen. Ich durfte nur mitmachen, wenn ich das reiche Fraeulein spielte, das von Ian ueberfallen wurde. Na gut. Aber kaum hatten wir richtig Spass, kam die Zofe vorueber und hat mich zeternd von meiner Kutsche gezerrt, also dem Leiterwagen, den sie hinter den Kuechenhund gespannt hatten. Aber eines Tages werde ich frei sein. Kristin hat es versprochen. Wenn sie erst Marquesa ist, dann kann ich tun und lassen, was ich will. Ich muss keinen langweiligen Kleinadligen heiraten und ihm zehn Kinder gebaeren, bevor er sich eine Geliebte nimmt und mich vor dem Kaminfeuer versauern laesst. Ich darf es nur nicht Vater sagen, sagt Kristin. Ich muss Geduld haben. Ooh, wie kann ich Geduld haben, wenn ich nichts nichts nichts nichts nichts tun darf! Ich will fremde Laender entdecken. Wie es wohl in Gheliand aussieht? In Westberg? Ich habe keine Angst ... Gut, ich habe ein wenig Angst, aber das ist ja auch nur zu berechtigt. Schliesslich herrschen dort Daemonen. Trotzdem wuerde ich gerne Westberg sehen. Und das Meer. Und Elfen. Und Kentauren. Und Zwerge. Und Magie. Und, oh, wann, wann endlich kann ich hier raus?

3[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Tagebuch, wie es im Spiel zu finden war

habe ich versprochen, diese Dinge niemals niederzuschreiben. Kristin mit ihrer uebertriebenen Vorsicht! Meine liebe Schwester wird den Wind immer im Ruecken haben. Sie, die eines Tages Marquesa von Aquilar sein wird -- und nicht einmal Miranda, die alte Schachtel, traut sich, den Marquis von Aquilar direkte Befehle zu erteilen. So sollte ich nicht ueber die Koenigin reden, noch nicht einmal in meinem Tagebuch, sagt Kristin. Ganz wie Vater, der meckert auch immer, wenn ich die Wahrheit sage. Sie koennen mich alle mal ... Miranda ist eine haessliche alte Schachtel. Und fies. F I E S !!! Nicht so ein schleimiger Widerling wie Geoffré natuerlich. Der laeuft sogar der ollen Koenigin den Rang ab. Lief. Lief der ollen Koenigin den Rang ab. Er ist naemlich tot. Die moerderischen Banden des Osttals haben ihn erschlagen und Recht geschieht es ihm. Und das Beste ist, dass ich zusehen durfte, wie seine selbstgerechte Art von ihm abfiel, wie sich in seine Augen die Erkenntnis schlich, dass er sterben wird, nicht irgendwann, nicht als Marquis, nicht waehrend er in meiner Schwester steckt oder im Sessel im Kreise der Enkelkinder sitzt, nein. Jetzt, heute, hat Geoffré seine eigene Sterblichkeit eingeholt. Und keiner hat ihm geholfen. Der Schwan nicht, die alten Maechte nicht, Kristin und ich nicht, niemand. Wer hat die beste Schwester im ganzen Koenigreich? Na? Kristin laesst sich nichts gefallen! Gar nichts. Und wenn sie staendig an mir herumkrittelt, heute war sie grossartig. Kalt wie der Nordwind war sie, als sie da ueber Geoffré stand. Und mich hat sie mitgenommen! Mich! Um dir zu zeigen, dass wir nicht alles mit uns machen lassen, hat sie gesagt. Unser Cousin ist zu weit gegangen, hat sie gesagt. Ich wusste immer, dass er ein mieser Schleimer ist, der Kristin nur umwirbt, weil sie die Naechste in der Thronfolge Aquilars ist. Er will, wollte, ha! als ihr Gemahl Marquis von Aquilar werden. Vater hat die Stirn gerunzelt, als Tag um Tag Blumenstraeusse ankamen mit Blumen aus Sambriet, Gueldenfels und Gheliand. Und dann kam Geoffré selbst zu Besuch, um Kristin den Hof zu machen. Wochenlang scharwenzelte er um sie herum, schrieb ihr Briefchen, bestellte Saenger unter ihr Fenster, so dass sie kaum richtig schlafen konnte. Zermuerben wollte er Kristin, aber Erfolg hatte er keinen. Sie hat ihm die kalte Schulter gezeigt, weil sie genau wusste, weshalb er diesen Aufwand betrieb. Und tatsaechlich hat er in der letzten Woche seine Strategie umgestellt. Er begann, Kristin zu drohen. Wenn sie nicht nachgaebe, werde er sie sich mit Gewalt nehmen. Und wenn sie erst sein Kind erwarte, dann muesse sie ihn heiraten. Nicht einen Schritt hat sie sich noch ohne ihre Zofe zu gehen getraut. Ich glaube, auch das haette sie ihm durchgehen lassen. Aber dann hat das Schwein mir aufgelauert. Hat mich angefasst, angesabbert, und alles nur, damit ich Kristin zu diesem Ausritt heute ueberrede. Damit hat er sein Testament unterschrieben. Hat er denn geglaubt, wir spraechen nicht miteinander? Kristin hat von irgendeinem Alchemisten das Gift besorgt und ich durfte dem Unhold die gute Nachricht ueberbringen: Kristin war auf meine schwesterliche List hereingefallen. Sie wuerde mit mir ausreiten und er koennte uns dann ganz zufaellig bei einem Picknick treffen. Heute dann war es so weit. Ich war so aufgeregt. Ich bin es immer noch. Wir wuerden einen Menschen toeten! Und wie selbstsicher er war, als er auf die Lichtung ritt, auf der wir lagerten. Wie breit sein falsches Laecheln, als er verkuendete, jede Flucht sei aussichtslos. Als er ihr offenbarte, dass ich seine Komplizin war. Als er mir sagte, ich koenne ruhig zusehen, wenn er erst auf dem Thron saesse, werde er mit mir genauso ausreiten. Sie war so ruhig, so gefasst, ich koennte niemals derart sicher der Gefahr ins Auge sehen. Haette sie sich erhoben, er haette sie zu Boden gerissen und gleich dort genommen. Sie aber blieb sitzen, wies ihm mit einer Hand einen Platz auf einem Kissen in ihrer Naehe an und reichte ihm einen Becher mit Wein. Wenn es schon sein muss, sagte sie, dann wollen wir wenigstens vorher zusammen Wein getrunken haben. Es ist abscheulich genug, was ihr tut, wenigstens wollen wir es etwas schoen haben. Ich hielt den Atem an. Aber er merkte nichts, sah nicht das leichte Zittern ihrer Hand, als sie ihm den Becher reichte, oder nahm es fuer Angst und Aufregung. Er trank, aber es geschah nicht sofort etwas, wie ich gedacht hatte. Eine gefuehlte Ewigkeit musste sie mit ihm reden, ihn auf Abstand halten. Und dann, endlich, sah ich es, zuerst in seinen Augen. Ganz ploetzlich wusste er Bescheid. Er fluchte, wollte aufspringen, aber das konnte er schon nicht mehr, er kippte einfach zur Seite und starrte uns schwer atmend an. Meine Schwester erhob sich langsam, wuerdevoll, stand ueber ihm und erklaerte ihm, warum er sterben musste. Die Leiche mit der Armbrust zu durchloechern, sein Pferd davonzujagen, und daheim vom schrecklichen Ueberfall der Osttaler zu berichten, war ein Leichtes. Mir will das Herz zerspringen, wenn ich denke, wie einfach alles war. Und mit niemandem kann ich darueber reden! Sie hat es mir eingeschaerft, niemand darf jemals

4[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

weshalb wir sehr viel Freude haben. Wie hat sich mein Leben veraendert, seit Kristin Marquesa ist. Sie hat ihr Versprechen gehalten: Ich kann tun und lassen, was ich moechte. Ich bin auf jedem Ball, bei jedem Gelage, ich trinke wie ein Landsknecht, spiele Fate und Fortune mit jedermann. Und ich hole in meine Kammer, wer mir gefaellt. Manchmal lese ich in diesem Buch und stelle fest, was fuer ein dummes Ding ich gewesen bin. Abenteuer erleben. Pfft. Dazu muss ich nicht reisen und unbequeme Zeltlager auf mich nehmen. Die paar Inspektionsreisen mit Kristin durch Aquilar haben mir zwar gefallen, aber igitt! Schlamm und Muecken und Schlangen und unbequeme Betten und Kaelte und ... Dann hole ich mir das Abenteuer doch lieber in mein Gemach! Sicher, Kristin runzelt manchmal die Stirn, aber sie haelt sich an unsere Verabredung. Neulich war ich unzufrieden mit dem Sohn des Grafen von Fleury. Also habe ich ihn beschuldigt, mich bestohlen zu haben. Der Arme wurde ganz bleich, als ich bei Tisch das Gespraech darauf brachte. Und nun bin ich um 200 Goldstuecke reicher. So einfach ist das. Winselnd hat er dann vor meiner Kammer gestanden. Fuer diese Art Mann wird man nur atrraktiver, wenn man sie pruegelt wie Hunde. Ich will sehen, wie viel attraktiver ich noch sein kann ...

5[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Etwas Ueberraschendes ist geschehen. Die Koenigin ist tot. Wie man hoert, wurde sie von Elfen und dem Anfuehrer der Paladine, Sir Rondrian, ermordet. Rondrian! Mord! Ich kann es nicht glauben. Jedenfalls ist die Erzmagierin zur Truchsessin ernannt worden und es wird eine neue Koenigin oder einen neuen Koenig geben. Und Kristin, meine Zwillingsschwester, koennte es werden! Was heisst koennte, ich kenne ja Kristin, immer den Wind im Ruecken. Sie wird die neue Koenigin. Und da wird es kompliziert. Denn wer regiert dann Aquilar. Offiziell wird es weiterhin Kristin sein. Aber seien wir ehrlich, wer ein Reich zu regieren hat, kann nicht gleichzeitig alle Details Aquilars im Auge behalten. Ja, die Tage meines unbeschwerten Lebens sind wohl schon wieder vorueber. Klar, ich koennte immer noch tun und lassen, was ich wollte, ich waere ja, sozusagen, die Herrscherin von Aquilar, wenn auch nicht auf dem Papier. Aber ich sehe ja an meiner Schwester, dass es so nicht vor sich geht. In Wahrheit ist man als Herrscherin die ganze Zeit beschaeftigt, muss fleissig sein und ist in ein strenges Reglement gesperrt. Ich weiss nicht, wie sie das aushaelt, ich faende es schrecklich. Jerome sieht das ganz genauso. Schwester der Herrscherin, Prinzgemahl ohne Aufgabe, das ist ein Leben!

6[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

und natuerlich ist der Narr in meinem Bett gelandet. Aber davon wollte ich nicht erzaehlen, auch wenn ... Nein, ich muss mich kurz fassen, fuer die Beschreibung unserer Vergnuegungen ist spaeter, an fernen Feuern, immer noch genug Zeit. Ausserdem haelt sich der Narr ohnehin fuer den besten Liebhaber aller Zeiten, das muss ich ihm ja nun nicht auch noch schriftlich geben, dann platzt er wahrscheinlich vor Selbstverliebtheit. Denn ich werde ihm dieses Buch anvertrauen.

Es sind nur noch wenige Wochen bis zum Streit um die Krone. Sollte meine Schwester Koenigin werden, woran ich nicht einen Augenblick zweifele, dann wird es zu spaet fuer mich sein, zu fliehen. Nein, wenn ich der Enge dieses Schlosses entfliehen will, muss ich es jetzt tun, muss gehen, waehrend noch niemand auf mich achtet, waehrend ich die unbedeutende, verzogene Zwillingsschwester der Marquesa bin. Es war der Narr, der mich darauf gebracht hat. Denn, mein Guter, Du bist ein aussergewoehnlicher Zuhoerer. Ich weiss nicht, wie Du es gemacht hast, dass ich Dir mein ganzes Leben erzaehlt habe, so langweilig es auch gewesen sein mag. Aber irgendetwas macht Dich verflixt noch einmal ganz unbeschreiblich vertrauenswuerdig. So vertrauenswuerdig, dass ich Dir dieses Buch anvertrauen werde. Wohin ich gehe, ist es nicht sicher. Im Schloss ist es nicht sicher. Und verbrennen kann ich es nicht. Am besten wird es sein, wenn Du es verbrennst. Sicherheit fuer alle, um den Preis der Erinnerung.

Wie kann es sein, dass diese wenigen Gespraeche mit Dir die alten Traeume von Ferne, von Lagerfeuern, sternenklaren Naechten und Abenteuern wieder geweckt haben? Dass ich Dreck und Ungeziefer nicht mehr fuerchte? Dass ich bereit bin, mich allen Gefahren zu stellen, wenn es mich nur moeglichst weit hinaus treibt bis ans Ende der Welt? Bis ich alles, alles gesehen habe? Auf jeden Fall ist mir in meinen Erzaehlungen deutlich geworden, dass ich nicht laenger der Schrecken des Aquilarer Hofes sein mag, das ungezogene, vergnuegungs- und rachsuechtige Ding. Es war gut so, aber wenn ich auch aus den Konventionen ausgebrochen bin, gefangen in diesen Mauern bin ich noch immer. Nur wenn ich gehe und mich Daemonen, Spinnen und Dreck stelle, kann ich das aendern.

Bester Terken, pass gut auf meine Schwester auf! Ich stehle mich davon. Mein Tagebuch stecke ich in Deine Reisetaschen und dann werde ich dafuer sorgen, dass Du von Kristin unehrenvoll hinauskomplimentiert wirst. Da habe ich so meine Mittel und ein letztes Mal will ich sie in Perfektion anwenden, damit alles echt aussieht und kein Verdacht aufkommt. Irgendwann wirst Du diese Zeilen finden und hoffentlich mit dem Rest des Buches verbrennen.

In Zuneigung, Isabell von Aquilar